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Stereotype Vorstellungen sind nicht harmlos


Mit dem Wort "Indianer" sind in der Regel immer die gleichen stereotypen Vorstellungen verbunden und viele Menschen in Deutschland betonen ständig, diese seien "positiv und harmlos". Doch bei einer genaueren Betrachtung wird deutlich, wie groß der Schaden ist, der dadurch entsteht. Diese Stereotypen führen dazu, dass eine Begegnung mit Native Americans auf Augenhöhe nahezu unmöglich wird.

Zu Beginn der ganzen Diskussion über das Wort "Indianer" hatten wir gehofft, dass durch einen Verzicht auf diese Bezeichnung auch ein Umdenken erfolgen würde. Doch das ist nicht geschehen. Das Wort "Indianer" wurde durch andere Begriffe ersetzt, aber die stereotypen Vorstellungen sind geblieben und jetzt wächst schon wieder eine Generation damit auf.

Im Internet gibt es inzwischen massenweise Informationen aus erster Hand. Sehr viele Stammesnationen und Communities haben Internetseiten und sie teilen neben aktuellen Nachrichten auch Geschichtswissen, in das die eigenen Überlieferungen mit eingeflossen sind. Organisationen, die von Native Americans gegründet wurden und geleitet werden, stellen eine große Menge an Informationen zur Verfügung.

Trotz all dieser Möglichkeiten, das eigene Wissen zu erweitern, bedienen viele Firmen und Veranstalter hier in Deutschland noch immer die gängigen Klischees. Oft geschieht dies unter dem Motto "Wilder Westen". Auch Ferienfreizeiten und Projekte, die in pädagogischen Einrichtungen stattfinden, sind noch immer nicht frei davon. Es werden Unterrichtsmaterialien verwendet, die schon längst nicht mehr zeitgemäß sind.


"Europäer" und "Indianer" sind Sammelbezeichnungen


Jedem ist klar, dass es in Europa viele verschiedene Nationen, Völker und Volksgruppen gibt, die sich massiv in ihrer Kultur, ihren Traditionen und ihrer Lebensart voneinander unterscheiden. Es wird nicht behauptet, Italiener, Schweden, Rumänen, Spanier, Griechen, Deutsche, Franzosen und Polen wären alle gleich. Es ist auch jedem bewusst, dass auf dem europäischen Kontinent viele verschiedene Sprachen gesprochen werden.

Wenn wir früher im Rahmen eines "Indianerprojekts" oder im Rahmen von "Indianerwochen" deutsche Kindergärten oder Grundschulen besucht haben, dann wurden wir von den Kinder darum gebeten, etwas auf "indianisch" zu sagen. Das ist genauso, als würden wir die Kinder fragen, wie "europäisch" klingt. Auch nach dem Streichen des Wortes "Indianer" aus dem Titel dieser Projekte denken viele Kinder noch immer, dass Indianer "indianisch" sprechen.   

Es gibt in den USA und Kanada Stammesnationen und Communities, die sich genauso stark voneinander unterscheiden, wie die Nationen und Volksgruppen auf dem europäischen Kontinent. Doch Indianer werden auf eine Hand voll stereotyper Vorstellungen reduziert:

  • Stirnband mit Federn
  • Kriegsbemalung
  • Pfeil und Bogen
  • Tomahawks
  • Wilde Tänze um das Feuer
  • "Indianergeheul"
  • Kanus
  • Tipi-Dorf mit Marterpfahl


Dieser Pfahl, der in Europa in fast jedem Tipi-Camp steht, ist in der Regel eine völlig verkitschte Kopie eines Totempfahls und er wird oft auch so bezeichnet. Die Totempfähle gehören jedoch zu den indianischen Nationen und Communities, die an der amerikanischen Nordwestküste leben und es sind definitiv keine Marterpfähle.

Das Kanu gehört ebenfalls nicht in die Prärie. Allein diese zwei Beispiele zeigen sehr deutlich, wie groß die Unkenntnis ist. Gegenstände, die zum Teil sogar eine spirituelle Bedeutung haben und die aus dem Kulturgut völlig verschiedener Nationen stammen, werden einfach miteinander vermischt und  als "indianisch" betitelt.

Es ist sehr wichtig zu reflektieren, was den Kindern vermittelt wird, wenn "wilde Indianertänze" um das Lagerfeuer mit "Kriegsbemalung" und "Indianergeheul" als Ehrung der indianischen Nationen Nordamerikas bezeichnet werden.

Solange eine Weitergabe stereotyper Vorstellungen an die nächste Generation erfolgt, bringt uns der Verzicht auf die Wörter "Indianer" und "indianisch" keinen Schritt weiter. Von Kindern wird in vielen pädagogischen Einrichtungen gefordert, dass sie nicht mehr "Indianer" sagen. Es wird als das "böse I-Wort" bezeichnet. Wir erhalten immer mehr E-Mails von Pädagogen und es ist erschreckend, was jetzt geschieht: 

Seit in pädagogischen Einrichtungen auf das Wort "Indianer" verzichtet wird und seit stattdessen die neue Bezeichnung "das böse I-Wort" eingeführt wurde, schwindet das Interesse der Kinder. Dadurch, dass sie sich nicht mehr unbefangen über Indianer unterhalten können, geraten diese immer mehr aus ihrem Fokus.


Aufklärungsarbeit ist wichtig - Der Versuch, sprachliche Veränderungen erzwingen zu wollen, ist kontraproduktiv


Es ist weiterhin viel Aufklärungsarbeit erforderlich, damit es endlich zu tiefgreifenden Veränderungen kommt. Die heftigen, kontrovers geführten Diskussionen, die zur Zeit im Internet stattfinden, sind kontraproduktiv. Wenn all diejenigen, die das Wort "Indianer" verwenden, sofort als Rassisten beschimpft werden, führt dies nur dazu, dass sich die Fronten noch weiter verhärten. Dies gefährdet unsere Bildungs- und Aufklärungsarbeit. Wenn pädagogische Einrichtungen sich nicht mehr trauen, ein Projekt durchzuführen, bei dem Kinder und Jugendliche einen ersten kleinen Einblick in die Vielfalt der indigenen Nationen Nordamerikas erhalten, werden auch die stereotypen Vorstellungen nicht verschwinden. Denn diese sind nach wie vor überall präsent.

Es ist sehr wichtig, dass wir alle an einem Strang ziehen. Anstatt schier endlos darüber zu diskutieren, was politisch korrekt ist, sollten wir gemeinsam nach Lösungen suchen. Wir brauchen neue Konzepte, die sich im Schul- und Kindergartenalltag umsetzen lassen. Die verstärkte Nutzung des Internets eröffnet uns dabei viele neue Möglichkeiten. So gibt es z.B. immer mehr Videos, die von oder gemeinsam mit Native Americans produziert wurden und die den Kindern und Jugendlichen hier in Europa Einblicke gewähren, die früher nicht möglich waren. (Ein sehr positives Beispiel ist die Serie "Molly of Denali".) Die Sprachbarriere (englisch-deutsch) ist nach wie vor ein Problem, aber wenn wir zusammenarbeiten, wird es möglich sein, Übersetzungen anzufertigen.

Wir möchten auch all diejenigen erreichen, die bis jetzt Projekte durchgeführt haben, bei denen (aus Mangel an Wissen) stereotype Vorstellungen vermittelt wurden. Uns ist bewusst, dass es nicht darum ging Native Americans herabzuwürdigen. Nichtsdestotrotz ist es eine Tatsache, dass die Vermittlung stereotyper Vorstellungen negative Auswirkungen hat. Es geht uns nicht darum, Schuldgefühle zu wecken. Viel mehr ist es wichtig zu reflektieren, warum diese Projekte in dieser Form durchgeführt worden sind und was wir gemeinsam tun können, um die Inhalte so zu verändern, dass sie der Vielfalt der indianischen Stammesnationen und Communities gerecht werden. Es ist uns ein sehr wichtiges Anliegen, dass sich Native Americans und Europäer in Zukunft auf Augenhöhe begegnen können.


Wer seinen Teil dazu beitragen möchte, kann uns gerne eine Nachricht schicken.

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