In vielen pädagogischen Einrichtungen wird inzwischen auf die Verwendung des Wortes "Indianer" verzichtet. In Kindergärten und Grundschulen ist oft vom "bösen I-Wort" die Rede. Jedoch ist es äußerst problematisch, pauschal zu behaupten, dass Wort "Indianer" sei rassistisch. Es ist die deutsche Übersetzung der englischen Bezeichnung "Indian" und sehr viele Stammesnationen, Communities, Organisationen und Institutionen tragen dieses Wort in ihrem Namen.
Das Wort "Indianer" ist mit vielen stereotypen Vorstellungen verbunden. Deshalb hatten wir zu Beginn der ganzen Diskussion gehofft, dass durch einen Verzicht auf diese Bezeichnung auch ein Umdenken erfolgen würde. Doch das ist nicht geschehen.
Der Native American Association of Germany e.V. (NAAoG) ging es noch nie darum, das Wort "Indianer" aus dem Sprachgebrauch zu streichen. Wir haben es in der Kommunikation mit deutschsprachigen Kindern verwendet, um sie dort abzuholen, wo sie stehen. Diejenigen, die noch keinen Englischunterricht hatten, können das Wort "Native" noch nicht einmal aussprechen, geschweige denn verstehen. Kinder, die schon einzelne Wörter oder kürzere Texte lesen können, würden es deutsch aussprechen. Jemand hat uns darauf hingewiesen, dass es dann wie kalt gepresstes Olivenöl klingt. Was für ein Missverständnis.
Wie soll Aufklärung erfolgen, wenn Wörter verwendet werden, mit denen Kinder noch nichts verbinden können? Wenn sie das Wort "Indianer" hören, dann haben sie ganz bestimmte Vorstellungen. Es sind in der Regel Stereotypen, doch genau dort können wir sie abholen. Wenn wir den Kindern zuhören, dann erfahren wir, was ihnen zu dem Wort "Indianer" einfällt und dann wissen wir auch, welche Informationen sie brauchen, damit sie sich von den stereotypen Vorstellungen Schritt für Schritt lösen können. Es ist wichtig, aufklärende Gespräche zu führen und Informationen aus erster Hand weiterzugeben. Verbote sind kontraproduktiv.
Wir weisen seit Jahrzehnten darauf hin, dass es viel zu wenig Bücher in deutscher Sprache gibt, die von Native Americans geschrieben und illustriert wurden. Die älteren Bücher deutscher Autoren enthielten oft problematische Pauschalaussagen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Stammesnationen und Communities sind jedoch sehr groß. Aber immerhin gab es in diesen Büchern Abbildungen, auf denen zum Beispiel verschiedene traditionelle Bauwerke zu sehen waren. So erhielten die Kinder einen ersten kleinen Einblick. Sie konnten erkennen, dass indigene Völker jeweils die Materialien verwendet haben, die es in den verschiedenen Regionen gab. Wir haben erklärt, welche Textstellen problematisch sind und warum.
In deutschen Kindergärten und Schulen wurden inzwischen Bücher aus den Regalen mit der Begründung entfernt, sie würden dass "rassistische I-Wort" enthalten. In den USA wird sowohl die Bezeichnung "Native Americans" als auch das Wort "Indian" (bzw. "American Indian") verwendet. Es gibt unter Native Americans verschiedene Meinungen zu diesem Thema.
Seit in Deutschland behauptet wird, das Wort "Indianer" sei eine "rassistische und abwertende Fremdbezeichnung" und seit das wichtige Thema "kulturelle Aneignung" sehr kontrovers und emotional diskutiert wird, ist folgende Entwicklung zu beobachten: Viele pädagogische Einrichtungen trauen sich nicht mehr, Projekte durchzuführen, die jahrzehntelang bei den Kindern sehr beliebt waren. Wir betrachten dies mit großer Sorge, denn oft wurde durch diese Projektwochen bei den Kindern das Interesse geweckt, mehr über die Stammesnationen zu erfahren.
Organisatoren, die dennoch "Indianerfeste", "Indianercamps", "Indianerfreizeiten" und "Indianerprojekte anbieten, sind dazu übergegangen, das Wort "Indianer" durch andere Bezeichnungen zu ersetzen. Die oben aufgelisteten Wort-Kompositionen waren von Anfang an problematisch. Warum das so ist, werden wir demnächst noch ausführlicher erläutern. Die Unsicherheit darüber, wie solche Veranstaltungen und Projekte nun zu betiteln seien, ist groß. Oft wird das Wort "Indianer" einfach durch die Bezeichnung "Ureinwohner Nordamerikas" ersetzt. Doch dadurch werden bei vielen Menschen Assoziationen hervorgerufen, die ebenfalls ein verzerrtes Bild ergeben.
Inzwischen ist deutlich zu erkennen, dass der Verzicht auf das Wort "Indianer" nicht gleichzeitig zu einem respektvollen Umgang mit dem Kulturgut der Stammesnationen und indigenen Communities führt. Die Inhalte haben sich nicht wesentlich verändert. Dies bedeutet, dass stereotype Vorstellungen nach wie vor an die nächste Generation weitergegeben werden.
Obwohl im Internet massenweise Informationen zu finden sind, die von Native Americans zur Verfügung gestellt werden, halten viele Organisatoren von Festen und Ferienfreizeiten an den gängigen Klischeevorstellungen fest. Oft besteht auch das Problem darin, dass ehrenamtliche Helfer im Vorfeld nicht ausreichend über stereotype Vorstellungen aufgeklärt wurden. Sie geben dann (häufig unbewusst) das an die Kinder weiter, was sie selbst verinnerlicht haben.
Viele pädagogische Fachkräfte stehen vor einem ähnlichen Problem und deshalb ist es extrem wichtig, dass es vor einem Projekt genug Zeit zur Selbstreflektion gibt. Bei diesem Prozess geht es zunächst einmal darum, die eigenen Vorstellungen zu hinterfragen, um anschließend verinnerlichte Stereotypen korrigieren zu können. Auf dieser Basis ist es dann möglich, ein Konzept für die Veranstaltung oder das Projekt zu erstellen.
Gerne beantworten wir Fragen zu diesem Thema.
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